HRW-Experten warnen in einem Gutachten vor Risiken bei den Atom-Rückstellungen
Mülheim an der Ruhr/Bottrop, 29.07.2015: Gut vier Jahre nach der Katastrophe von Fukushima wird klar, was für ein Riesenprojekt der beschlossene Atomausstieg wird: Es geht um den Rückbau aller Kernkraftwerke in Deutschland. Die Republik steht also vor dem wohl teuersten und größten Abrissprogramm in der deutschen Geschichte. Rund 38 Milliarden Euro haben die Konzerne für Rückbau und Endlagerung zurückgelegt - Geld, das die deutschen Verbraucher über den Strompreis bezahlt haben. Das Horrorszenario ist, dass diese Gelder bei weitem nicht reichen könnten, wie ein HRW-Gutachten jetzt aufzeigt.
Die von der grünen Bundestagsfraktion beauftragte und nun unter dem Titel "Liquidität und Werthaltigkeit der Anlage der freien Mittel aus der Bildung von Rückstellungen für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der Atomkraftwerke" veröffentlichte Analyse der HRW Professoren Wolfgang Irrek und Michael Vorfeld kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass die öffentliche Hand möglichst rasch und umfassend davor geschützt werden muss, dass die großen Stromkonzerne ihre Finanzierungsverantwortung für den AKW-Rückbau und die Atommüllentsorgung auf die Allgemeinheit abwälzen.
Als Lösung empfehlen die beiden Gutachter die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds, in den die Konzerne unter Beibehaltung ihrer Finanzierungsverantwortung einzahlen müssen. Dieser Fonds sollte, so Irrek und Vorfeld, im Interesse der Steuerzahler möglichst innerhalb der nächsten fünf Jahren befüllt werden. Zusätzlicher Handlungsdruck ergibt sich laut Gutachten daraus, dass einer der Akteure, nämlich E.ON, 2016 eine Aufspaltung seiner Sparten anstrebt.
Für ihr 50-seitiges Gutachten haben die beiden Professoren aus den Fachbereichen 1 und 2 die Geschäftsberichte der größten hiesigen AKW-Betreiberkonzerne E.ON und RWE daraufhin ausgewertet, welche Finanzierungsmöglichkeiten die beiden Konzerne für AKW-Rückbau und Atommüllentsorgung haben. Die Ergebnisse von Irrek und Vorfeld sind eine gute und eine schlechte Nachricht zugleich: Zum einen hat das Risiko, dass die Allgemeinheit mit hohen Milliardenbeträgen für die strahlenden Hinterlassenschaften der AKW-Betreiber aufkommen muss, deutlich zugenommen. Zum anderen ist bei E.ON und RWE zumindest jetzt noch genug Substanz und Spielraum vorhanden, um eine Absicherung der Steuerzahler umsetzen zu können, ohne dass die Konzerne Pleite gehen.
Prof. Dr. Wolfgang Irrek ist u.a. wissenschaftlicher und beratender Beirat der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). Außerdem ist er Mitglied im European Council for an Energy Efficient Economy (eceee). Seit Mai 2012 ist Irrek Leiter des Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen-Energiesysteme an der HRW in Bottrop.
Der Finanzwissenschaftler Prof. Dr. rer. pol. Michael Vorfeld lehrt seit Oktober 2010 an der HRW und ist zurzeit Studiengangsleiter Betriebswirtschaftslehre am Wirtschaftsinstitut in Mülheim an der Ruhr. Er ist u.a. Gastprofessor an der Normal University Shanghai im Bereich Finanzmanagement.
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