Wird bald jeder Laie per Sprachbefehl programmieren können? Wie funktioniert Machine Programming und was werden die ökonomischen Folgen sein? Um diese Fragen geht es im ersten Teil des Newsletters.
Im zweiten Teil erläutern Anne Stockem Novo, Professorin für angewandte Künstliche Intelligenz und Isabel Lausberg, Professorin für allgemeine BWL und Unternehmensrechnung und zertifizierte Data Scientistin, im Interview ihr gemeinsam durchgeführtes Forschungsseminar, in dem sie mit Studierenden einen KI-basierten Chatbot für das interne Hochschulreporting entwickelt haben.
KI aus ökonomischer Perspektive ist ein facettenreiches Thema. Das zeigt sich auch in den Arbeiten der Studierenden des Wirtschaftsinstituts. Wir stellen einige Beispiele vor.
Im März 2023 wird eine Konferenz zum Thema KI aus ökonomischer Perspektive an der HRW in Mülheim an der Ruhr stattfinden. Der Call for Papers steht jetzt zur Verfügung.
Wird bald jeder Laie per Sprachbefehl programmieren können? Spachsteuerung und automatisierte Übersetzungen gibt es schon. Also könnten die dahinterstehenden Technologien nicht nur auf Englisch, Französisch oder Türkisch, sondern auf Programmiersprachen wie Python oder Java angewendet werden.
Es wird also ein neuronales Netz mit vielen Codebeispielen, wie sie auf Programmierer-Plattformen wie Github zu finden sind, trainiert. Treffende Schlagworte für diese Technologie lauten "self programming" oder "machine programming".
Codex von OpenAI zeigt was möglich ist: Der Wunsch, was das Programm erledigen soll, wird Codex in Umgangssprache mitgeteilt.
Screenshot-Ausschnitt; Quelle: youtube.com/watch?v=SGUCcjHTmGY.
Die Ausgabe ist dann ein entsprechender Programmcode.
Screenshot-Ausschnitt. Quelle: youtube.com/watch?v=SGUCcjHTmGY
Diese Codeelemente können dann vom Programmierer beispielsweise als Funktion in eine Softwareprojekt eingefügt werden. Und die Verbindung dieser Technologie mit einer Übersetzungsschnittstelle würde es ermöglichen, dass die Eingaben auch auf Deutsch oder in einer anderen Sprache erfolgen können. Momentan wird nach Aussagen von OpenAI 37% (Smith 2021) des generierten Codes korrekt produziert, Tendenz steigend.
Ein technologischer Pfad. Machine Programming setzt den Trend fort, dass Hilfssysteme das Programmieren erleichtern. Das fängt beim Auto-Vervollständigen im Editor an und hört bei Software, die über eine graphische Oberfläche eingerichtet werden kann, noch nicht auf. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz übernehmen Auto-ML Systeme die Optimierung. Selbst unstrukturierte Daten können mittlerweile zu entsprechenden Cloud-Angeboten hochgeladen und ausgewertet werden. Dabei ergänzen sich die unterschiedlichen Technologiestränge und werden zusammengeführt: Dass ein von einem Menschen geäußerter Programmierwunsch automatisiert in Code umgesetzt wird, funktioniert nur, weil dem eine jahrelange Entwicklung in NLP (natural language processing) Technologien zugrunde liegt.
Die ökonomischen Folgen: Was heute noch experimentell ist, wird in ein paar Jahren Standard sein. Dann werden auch die ökonomischen Folgen sichtbar sein. Wir gehen heute von diesen Entwicklungen aus:
Ein historisches Beispiel: Insgesamt wird sich die Code-Generierung demokratisieren. Ein Beispiel für einen solchen technologischen Wandel zeigt die Video-Technologie: Früher war es nur Profis vorbehalten, einen Fernsehbeitrag zu erstellen. Ein Team bestand aus Kameramann, Tonmann und Redakteur mit professioneller Ausrüstung. Heute reicht eine Person aus – und die Auflösung von Konsumentengeräten reicht zur Wiedergabe in TV-Qualität längst aus. Gleichzeitig sind Plattformen wie Youtube entstanden. Der Effekt von steigender Quantität ist dort ebenso feststellbar wie die Veränderung von Qualitätsnormen. Der Unterschied zur Programmierung liegt nur darin, dass Fehler in einem Programmcode noch ungleich schwieriger als in einem Video zu erkennen sind.
Die Hochschule Ruhr West wird über den Forschungsschwerpunkt "KI aus ökonomischer Perspektive" die Entwicklung begleiten. Dazu tragen viele Kolleginnen und Kollegen bei. Um ein aktuelles Projekt geht es in dem Interview.
vertritt das Lehrgebiet der „Angewandten Künstlichen Intelligenz“. Sie greift auf langjährige Erfahrung in der Algorithmus-Entwicklung mit Methoden des Maschinellen Lernens für das Automatisierte Fahren zurück. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen neben dem Automatisierten Fahren im Natural Language Processings.
ist Professorin für Allgemeine BWL, insbesondere Controlling und interne Unternehmensrechnung, und Co-Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Künstliche Intelligenz aus Ökonomischer Perspektive“. Ihr Interesse in Forschung und Lehre gilt insbesondere innovativen, digitalen Lehr- und Prüfungsformen sowie der Künstlichen Intelligenz im Controlling und Management Reporting.
Redaktion: Sie haben mit Studierenden ein Forschungsseminar zur KI im Reporting durchgeführt. Was können wir uns darunter vorstellen?
Isabel Lausberg: In einem Forschungsseminar forschen Studierende gemeinsam mit den Lehrenden an einer bestimmten Problemstellung. Dabei durchlaufen die Studierenden einen vollständigen Forschungsprozess, angefangen von der Recherche und Erarbeitung der notwendigen Grundlagen bis hin zu einem Forschungsergebnis, in unserem Fall einem Chatbot für das Hochschulreporting. Unser Forschungsseminar war interdisziplinär angelegt und wurde für Studierende der Wirtschaftsinformatik und der Wirtschaftswissenschaften angeboten.
Redaktion: Wie sind Sie genau vorgegangen?
Anne Stockem Novo: Wir haben einen gestaltungsorientierten Forschungsansatz verfolgt und anwendungsbezogen gearbeitet. Zum Beispiel haben wir mit einer Expertenbefragung den Informationsbedarf und die Anforderungen an einen Chatbot ermittelt. Mit kleinen Impulsen haben wir die Studierenden dazu gebracht, die Chatbot-Funktionalität eigenständig zu entwickeln. Ferner haben wir Peer-to-peer Feedback genutzt, um z.B. die von den Studierenden entwickelten Chatbots zu prüfen.
Redaktion: Ziel war es also, einen Chatbot zu entwickeln. Wie kann denn das Hochschulreporting durch einen Chatbot unterstützt werden?
Isabel Lausberg: Die Studiengangsleitungen benötigen Informationen, um ihre Entscheidungen zu fundieren. Beispielsweise sollten sie wissen, wann viele Studierende ihr Studium abbrechen, um dann ggf. Maßnahmen ergreifen zu können. Häufig sind diese Informationen an der Hochschule gar nicht so einfach erhältlich. Ein Chatbot mit entsprechendem Zugriff auf die Hochschuldaten bietet hier eine benutzerfreundliche Unterstützung.
Redaktion: Wie ist dieser Chatbot aufgebaut?
Anne Stockem Novo: Von den Studierenden wurden zwei unterschiedliche Herangehensweisen umgesetzt. Die traditionelle Arbeitsweise verwendet eine Schlüsselworterkennung und versucht damit, die Fragen während des Gesprächs zu erkennen und vordefinierte Antworten zu geben. Dieser Ansatz ist sehr starr. Daher wurde auch eine flexiblere Variante entwickelt, die mit Methoden des Maschinellen Lernens arbeitet.
Redaktion: Werden denn die entwickelten Chatbots tatsächlich eingesetzt?
Isabel Lausberg: Möglich wäre das jetzt schon. Allerdings ist bisher die Datenbasis eng begrenzt und die Antwortmöglichkeiten sind stark eingeschränkt. Bis hin zu einem Einsatz an der Hochschule liegt also noch ein bisschen Arbeit vor uns!
Redaktion: Viel Erfolg mit der Weiterentwicklung der Chatbots und herzlichen Dank für das Interview.
KI aus ökonomischer Perspektive ist ein facettenreiches Thema. Das zeigt sich auch in den Arbeiten der Studierenden des Wirtschaftsinstituts. Wir stellen einige Beispiele vor.
Marcella Napoli hat sich in ihrer Bachelorarbeit mit den Ursachen für den zurückhaltenden Einsatz von künstlicher Intelligenz im Controlling beschäftigt. Hierzu hat Frau Napoli eine qualitative Inhaltsanalyse bestehender aktueller Veröffentlichungen durchgeführt und potenzielle Ursachen für den zurückhaltenden KI-Einsatz im Controlling abgeleitet. Betreut wurde die Arbeit durch Prof. Dr. Arne Eimuth und Prof. Dr. Isabel Lausberg.
Herr Lucas Riederer Romanus beschäftigt sich in seiner Bachelorarbeit mit der Frage, inwieweit sich Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz in der Logistik einbringen lassen. Dazu wurden geeignete Prozesse der Intralogistik evaluiert, um herauszuarbeiten, inwieweit der hohe Wiederholungsgrad der Tätigkeiten dazu beiträgt, Lager- und Kommissionierprozesse intelligent zu autonomisieren. Die Betreuung haben Frau Prof. Dr. Sonja Schade und Herr Prof. Dr. Gräßler übernommen.
Im Rahmen seiner Bachelorarbeit hat sich Sebastian Cox Chaparro über eine vergleichende Analyse umfangreich mit den KI-Strategien von China und der EU befasst. Unter Anwendung einer abgewandelten OECD-Form von Porters Diamanten-Modell konnten (supra-)nationale Wettbewerbsvor- und nachteile beider Regionen im Bereich der KI identifiziert, ausgewertet und gegenübergestellt werden. Entgegen der weitverbreiteten medialen Auffassung veranschaulichte die Empirie, dass weder China noch die EU über einen gesamtheitlichen Wettbewerbsvorteil verfügen. Im Spezifischen konnte erarbeitet werden, dass die europäische KI-Landschaft bei drei von vier Determinanten insgesamt konkurrenzfähiger ist als ihr fernöstliches Pendant. Die Betreuung der Thesis erfolgte durch Prof. Dr. Lijun Tang und Prof. Dr. Simone Roth.
Für die am 06.-07. März 2023 stattfindenden Konferenz "AI in Business and Economics - The Economic Perspective on Artificial Intelligence (EPEAI)" wurde das Call for Papers (CfP) veröffentlicht.
Einreichungsfrist für die Abstracts ist der 30. September 2022. Weitere Informationen finden Sie in dem CfP oder auf der Konferenz-Website: https://epe.ai/.
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an das Programm- und Organisationskomitee: info@epe.ai.
Hutter, Frank et al. (Ed.) (2019): Automated Machine Learning – Methods, Systems, Challenges, Springer Nature, Cham.
Menge-Sonnentag
, Rainald (2021): Code aus natürlicher Sprache: OpenAI öffnet Beta für die Programmier-KI Codex, in: Heise (online), veröffentlich am 11.08.2021. URL: www.heise.de/news/Code-aus-natuerlicher-Sprache-OpenAI-oeffnet-Beta-fuer-die-Programmier-KI-Codex-6160574.html, Zugriffsdatum: 12.01.2022.
, Cade (2021): A.I. Can Now Write Its Own Compute Code. That’s Good News for Humans, in: The New York Times (online), veröffentlicht am 09.09.2021. URL: www.nytimes.com/2021/09/09/technology/codex-artificial-intelligence-coding.html, Zugriffsdatum: 12.01.2022.
(2022): OpenAI Codex. URL: openai.com/blog/openai-codex/, Zugriffsdatum: 12.01.2022.
, Thomas (2021): Why OpenAI‘s Codex Won’t Replace Coders – Human programmers can actually become more powerful and efficient with Codex. URL: spectrum.ieee.org/openai-wont-replace-coders, Zugriffsdatum: 12.01.2022.
Vielen herzlichen Dank für Ihr Interesse und bis zur nächsten Ausgabe.
Für Feedback erreichen Sie uns per Mail unter ki-oekonom hs-ruhrwest "«@&.de
Forschungsschwerpunkt "KI aus ökonomischer Perspektive"
Hochschule Ruhr West
Duisburger Straße 100
45479 Mülheim an der Ruhr
Deutschland
+49 (0)208 88254-0
info@hs-ruhrwest.de
hochschule-ruhr-west.de
Vollständiges Impressum:
hochschule-ruhr-west.de/metanavigation/impressum
Angaben nach § 5 Absatz 1 Telemediengesetz (TMG)
Register: Die Hochschule Ruhr West (HRW) ist gem. § 2 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Absatz 2 Satz 2 Nr. 14 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG NRW) eine vom Land getragene, rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Tax ID: DE 269 193 645
Redaktionell verantwortlich gem. § 18 Absatz 2 des Medienstaatsvertrags (MStV):
Prof. Dr. Isabel Lausberg
Prof. Dr. Michael Vogelsang
Joshua Zander
Forschungsschwerpunkt "KI aus ökonomischer Perspekitve"
Telefon: 0208 882 54-100
ki-oekonom@hs-ruhrwest.de
Bildnachweise:
Translate: geralt / Pixabay
Screenshots: OpenAI / youtube.com/watch?v=SGUCcjHTmGY
Künstliche Intelligenz: geralt / Pixabay
Portrait Isabel Lausberg & Anne Stockem Novo: henning:photographie
Chatbot: satheeshsankaran / Pixabay
Hefte: Pixabay